Wie ist die Zeit als IB-Schüler? Welche Vorteile bringt die internationale Hochschulzugangsberechtigung? Welche Inhalte bleiben besonders in Erinnerung? IB-Absolventin Rebecca Haughton (RH) berichtet in einem spannenden Gespräch von ihrem Werdegang im IB-Programm und ihrer anschließenden Karriere.
Bitte stellen Sie sich uns kurz vor.
RH: Mein Name ist Rebecca Haughton. In 2010 habe ich mein IB an der Frankfurt International School gemacht. Meine Fächer waren Physik, Mathematik und Business & Management auf Higher Level sowie Englisch, Deutsch A2 und Französisch auf Standard Level. Derzeit arbeite ich als qualifizierte Wirtschaftsprüferin in einem kleinen Unternehmen in Großbritannien.
Was waren Ihre ersten Karriereschritte, nachdem Sie das IB Diploma erhalten haben? An welcher Universität haben Sie nach dem IB studiert und welche Abschlüsse haben Sie erhalten?
RH: Nach meinem IB habe ich an der Loughborough University „International Business“ studiert und mit 2:1 („honours“) abgeschlossen. Die von mir gewählte Studienform setzte sich als „Sandwich Course“ aus mehreren Elementen zusammen. Zunächst habe ich zwei Jahre studiert. Im dritten Jahr folgte ein Praktikum bei Deloitte in Birmingham. Danach habe ich ein weiteres Jahr studiert. Innerhalb meines Praktikums habe ich zudem in der Finanzabteilung von Dominos das Team unterstützt, welches für die Betriebe in Deutschland zuständig war. Die Wahl fiel hier auf mich, weil ich einen bilingualen Schulabschluss vorweisen konnte.
Was war nach dem Studium Ihr erster Job?
RH: Nach dem Studium arbeitete ich wieder bei Deloitte, zog aber nach Bristol. Nach neun Monaten zog es mich dann in die kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Davisons in North Devon. Dort arbeite ich nun schon seit 16 Monaten als qualifizierte Wirtschaftsprüferin (ACA).
War Ihr IB Diploma jemals Gegenstand eines Bewerbungsgesprächs?
RH: Ja – in jedem meiner bisherigen Bewerbungsgespräche wurde es intensiv besprochen, da die Personaler nicht viel darüber wussten. Sie zeigten großes Interesse an der Organisation des Abschlusses und an den Unterschieden zwischen IB und dem britischen Abitur (A Levels). Die Personaler fragten nach den von mir belegten Fächern und wie mir diese während des Studiums und in bisherigen Bewerbungsprozessen geholfen haben. Besonders interessiert waren sie an den Unterschieden zwischen Higher und Standard Level, am Fach Theory of Knowledge und am Extended Essay. Die Breite des Curriculums hat alle beeindruckt, schließlich haben Oberstufenschüler in Großbritannien nur drei Fächer.
Wie bewerten Sie das IB Diploma als Vorbereitung auf ein Studium? Ist das IB Ihrer Meinung nach ein Vorteil im Vergleich mit anderen Abschlüssen?
RH: Das IB hat mich sehr gut auf das Studium vorbereitet. So habe ich bereits in der Schule gelernt, wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen, habe Recherche- bzw. Lerntechniken kennengelernt, die mir auch an der Uni begegneten. Zusätzlich deckte das Curriculum bereits viele Themen ab, auf die ich dann auch im Hörsaal traf. Das erleichterte das Lernen an der Uni. Durch die straffe Organisation des IB-Programms übte ich mich bereits als Schülerin im Zeitmanagement. So lernte ich in der Oberstufe, meine Zeit zwischen z. B. Mathematik-, Englisch- und Geschichtshausarbeiten zu organisieren. Das hat mich bestens auf den Zeitdruck an der Hochschule vorbereitet, wo man nicht nur das Lernen für die verschiedenen Module, sondern auch die Zeit für Bewerbungen, Dissertation, Tutorien und Nachbereiten der Vorlesungen organisieren musste. Der Großteil der an der Uni anfallenden Arbeit ist nicht strukturiert vorgegeben, es wird erwartet, dass die Studierenden wissen, für was sie wie viel Zeit benötigen. In meinen Augen bereitet das IB hierauf sehr gut vor.
Was schätzen Sie innerhalb Ihrer IB-Ausbildung am meisten, an welche Elemente des Programms erinnern Sie sich noch heute?
RH: Ich schätze besonders das facettenreiche Wissen, das ich über die zwei Jahre erlangt habe. Das System des IB-Programms gab mir die Freiheit, bereits in der Schule in die Richtung zu lernen, in der ich mich später in Studium und Beruf spezialisieren wollte – ohne Grenzen. Ich hatte die Möglichkeit, Kenntnisse in verschiedenen Ausbildungsbereichen zu sammeln, anstatt nur eine begrenzte Auswahl an Themen zu haben. Das wäre als Teenager viel schwieriger gewesen, denke ich. An was ich mich bis heute erinnere? Die unzähligen Nächte, die ich damit verbracht habe, meine Maths IA (Internal Assignments) fertig zu machen, und Wochenenden am Schreibtisch mit schwierigen Physik-Themen. Das klingt vielleicht nicht nach der schönsten Zeit – aber es hat zu vielen Freundschaften geführt, die mir durch die zwei Jahre halfen und die ich bis heute pflege.
Was sind innerhalb des IB-Programms die größten Herausforderungen?
RH: Der hohe Workload! Aber im Vergleich mit Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen stellt die Struktur des IB-Programms sicher, dass die Schüler immer die Orientierung haben, welche die nächsten Schritte sind, so dass man sich bestens auf die Prüfungen und das Examen vorbreiten kann. Der Workload mag auf den ersten Blick einschüchternd wirken, aber wenn man ihn auf die einzelnen Komponenten herunterbricht, ist es gar nicht mehr so schlimm.
Wem würden Sie das IB-Programm empfehlen? Welche Fähigkeiten sollte ein Schüler mitbringen, um das IB Diploma zu erhalten?
RH: Für Erfolg sollte man hochmotiviert sein – egal, ob es sich dabei um Ziele für die Zukunft oder den Wunsch, gute Leistungen zu erbringen, handelt. Fähigkeiten, die Schüler mitbringen sollten, sind zum einen Zeitmanagement. Man muss in der Lage sein, die Balance zwischen Lernen und Leben zu halten, Sport, Freunde und Familie sind genauso wichtig wie Erfolg in der Schule. Organisationstalent hilft beim Zeitmanagement und dabei, die essentiellen Aufgaben zu erledigen. Gleichzeitig unterstützt es dabei, sich einen guten Überblick zu verschaffen, während man das Gelernte revidiert.
Würden Sie sich wieder für das IB-Programm entscheiden?
RH: Definitiv, keine Frage! Und wenn ich irgendwann einmal Kinder habe, werde ich es auch ihnen empfehlen! Ich würde die Ausbildung, die ich erhalten habe, niemals tauschen. Ich bin der festen Überzeugung, dass meine Ausbildung hochwertiger ist als andere Systeme.
Vielen Dank für das spannende Gespräch.
Foto (c) Rebecca Haughton