"We are IB" - Interview Nr. 3 in unserer neuen Rubrik. Heute stellt sich IB-Absolventin Christiane Husemann (CH) vor und erinnert sich an ihre Zeit als IB-Schülerin.
Bitte stellen Sie sich uns kurz vor.
CH: Hallo, ich heiße Christiane. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, bis ich 2007 erst ins Silicon Valley gezogen bin, und mich dann 2010 in der Nähe von Toronto, Kanada niedergelassen habe. Hier ergab sich die Möglichkeit für mich, mir meinen Traum vom eigenen Grundstück mit Pferden zu verwirklichen, auf dem mein Mann und ich jetzt Hannoveraner züchten. Gemeinsam haben wir einen zwei Jahre alten Sohn, der demnächst ein Geschwisterchen bekommt, und besitzen zudem momentan neun Pferde. Ich arbeite in der Finance und Operations Abteilung bei Lufthansa InTouch, was mich jeden Tag aufs Neue motiviert und mich auf meine Arbeit freuen lässt. Unser Büro deckt als Kompetenz- und Service Center Nord- und Südamerika ab, wobei es für mich ein großes Privileg mit viel Verantwortung ist, zum Service so vieler internationaler Kunden beitragen zu können.
Was waren Ihre ersten Karriereschritte, nachdem Sie das IB Diploma erhalten haben? An welcher Universität haben Sie nach dem IB studiert und welche Abschlüsse haben Sie erhalten?
CH: Nach dem IB habe ich an der Jacobs University Bremen studiert und meinen Bachelor of Science in Bioprozesstechnik gemacht – damals hieß die Uni noch International University Bremen. Darauf folgte der Master of Science in Biologische Erkennungsprozesse, mein Schwerpunkt lag auf Enzymprozesstechnik.
Was war nach dem Studium Ihr erster Job?
CH: In Kalifornien habe ich als Scientific Recruiter gearbeitet, also Wissenschaftler für befristete und unbefristete Stellen in der gesamten San Francisco Bay Area rekrutiert.
War Ihr IB Diploma jemals Gegenstand eines Bewerbungsgesprächs?
CH: Ich kann mich nicht erinnern, dass mein IB Diploma an sich jemals Gegenstand in einem Vorstellungsgespräch war. Ich hatte allerdings sehr zeitig „alle Studienabschlüsse“ zusammen – das war öfter mal Thema und wurde stets sehr positiv wahrgenommen.
Wie bewerten Sie das IB Diploma als Vorbereitung auf ein Studium? Ist das IB Ihrer Meinung nach ein Vorteil im Vergleich mit anderen Abschlüssen?
CH: Ich denke, das IB Diploma ist eine perfekte Vorbereitung auf die Universität. Das IB hat mich gut auf den hohen Workload, mit dem ich an der Uni konfrontiert worden bin, vorbereitet (mein B.Sc. war ein Dreijahresprogramm). Auch meine Hands on Science Skills waren ein großer Vorteil. Besonders in experimentellen Fächern wie Protein-Prozesstechnik ist die Fähigkeit, Transferdenken anzuwenden, unbezahlbar. Ich bin mit anderen Abschlüssen nicht sehr bewandert, aber ich hatte immer das Gefühl, dass ich durch das IB mit einer Art Selbstbewusstsein ausgestattet bin, das einige meiner Kollegen nicht besitzen. Selbst heute gibt es kaum eine Aufgabe, der ich mich nicht gewachsen fühle, denn ich weiß, dass Vorbereitung, logisches Denken und die Fähigkeit, vorauszudenken, Erfolg versprechen.
Was schätzten Sie innerhalb Ihrer IB-Ausbildung am meisten, an welche Elemente des Programms erinnern Sie sich noch heute?
CH: Ich erinnere mich noch genau an das IB-Programm. Immer mal wieder finde ich alte Mathehefte oder Notizen aus dem Fach Theory of Knowledge, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn ich sie lese. Woran ich mich aber am meisten erinnere, ist mein Extended Essay. Selbst wenn mein heutiger Job mit der Thematik des Aufsatzes nichts mehr zu tun hat, bin ich doch unglaublich stolz darauf. Ich habe zu Friedrich Dürrenmatts „Die Panne“ geschrieben, zur Frage, warum der Autor der Wahl des Weins, den seine Charaktere während des Handlungsverlaufs trinken, so viel Bedeutung beimisst. Ich konnte kreative Gedanken innerhalb einer strukturierten Aufgabenstellung, wie es der Essay nun mal ist, entwickeln. Gleichzeitig konnte ich der Aufgabe gegenüber völlig offen sein, egal welches Ergebnis dabei herauskommt und ohne Ansprüche an dieses zu stellen.
Was sind innerhalb des IB-Programms die größten Herausforderungen?
CH: Im Rückblick empfinde ich den Workload als eine Herausforderung – herausfordernd, aber nicht erdrückend, das ist ein wichtiger Unterschied. Ich habe die Vielfalt des Programms genossen; aber da ich nicht der passionierteste Leser bin, musste ich in meinen beiden Sprachkursen (A1 Deutsch und A1 Englisch) hin und wieder ein wenig schaudern wegen des umfangreichen Lesestoffs. Nichtsdestotrotz genoss ich die literaturwissenschaftlichen Analysen der Bücher, die wir gelesen haben.
Wem würden Sie empfehlen, das IB-Programm als schulische Ausbildung zu absolvieren? Welche Fähigkeiten sollte ein Schüler mitbringen, um das IB Diploma zu erhalten?
CH: Ich sehe das IB Programm als äußerst vorteilhaft für jene Schüler, welche bereits ein besonderes Interesse an bestimmten Fachrichtungen entwickelt haben, wie z. B. Sprachen, Kunst oder Wissenschaften, da es ihnen erlaubt, hier Schwerpunkte in ihrer Bildung zu erhalten. Die Möglichkeit, Kurse sowie deren Leistungsniveau auszuwählen, ähnelt einer spezialisierten Kunst- oder Wissenschafts-Academy. Hier sehe ich allerdings den Vorteil, dass die Voraussetzungen des IB-Abschlusses dennoch eine Ausgewogenheit der Fächer verlangen, wodurch Schüler eine vielfältige Bildung erhalten, welche sich ihren persönlichen Interessen anpasst. Hierbei ist aber durch die große Auswahl an Kursen auch ein Schüler, der noch ein weitläufiges Interesse hat, wohl bedient. Ein Schüler sollte die Fähigkeit besitzen, selbständig zu arbeiten und sich Ziele setzen zu können. Charaktereigenschaften, welche ich zudem als wichtig empfinde, sind das Verlangen nach Wissen, eine positive Grundeinstellung, und Mut, etwas zu hinterfragen. Das IB ist ein großartiges Programm, und wie mit so vielen Dingen im Leben wird man auch hier die Früchte seiner Arbeit ernten können, wenn man sich mit Leidenschaft und Fleiß beteiligt.
Würden Sie sich wieder für das IB-Programm entscheiden?
CH: Ohne zu zögern, jederzeit.
Liebe Christiane Husemann, vielen Dank für das spannende Interview.
Foto (c) Christiane Husemann.